Der Begriff agil bietet sich als Projektionsfläche für viele Hoffnungen an. Es gibt keine allgemein anerkannte Definition, nur ein umschreibendes agiles Manifest. So kann sich jeder heraussuchen, was für einen selbst agil sein soll. Für uns als Lehrende ist die Idee der schnellen Rückmeldung besonders wichtig. Studierende sollen nicht erst am Ende des Semesters in Form einer Prüfung erfahren, wie weit sie die Lernziele erreicht haben. Uns ist wichtig, diese Rückmeldungen schneller zu geben. Wenn Studierende in Gruppen Studienthemen bearbeiten sollen, wie schnell können wir Professoren eine Rückmeldung über den Lernerfolg geben? Im Idealfall könnten die Studierenden sofort nach Bearbeitung eines Themas eine Bestätigung, eine Begutachtung, eine Ablehnung ihrer Arbeitsergebnisse erhalten. Das wäre weder praktikabel noch wünschenswert. Eine sofortige Rückmeldung müsste automatisiert erfolgen, wir können (und wollen!) nicht unsere Zeit mit Warten auf Bearbeitungsergebnisse verbringen. Es ist nicht einfach, automatisierte Rückmeldungen so geben zu lassen, dass sie auf die Bedürfnisse der Gruppe eingeht. Weiterhin bedeutet die Bearbeitung eines Themas nicht, dass es fertig bearbeitet wurde. Eine Nacht über ein Problem zu schlafen kann Wunder wirken. Die Lösung einer Aufgabe sollte in der Gruppe besprochen werden. Die Studierenden einer Gruppe müssen sich immer wieder neu organisieren. Mehrere Lösungen können miteinander verglichen werden. Themen stehen miteinander in Beziehung. Lernen braucht Rhythmus. Dieses vertiefende Lernen ist unser Ziel. Ein Semester dauert 14–15 Wochen. Wenn wir es schaffen, alle zwei Wochen einer Gruppe von Studierenden Rückmeldung über die bearbeiteten Themen zu geben, können wir dies 6-7 Mal tun. Schaffen wir es nur alle drei Wochen, sind nur vier Rückmeldungen möglich. Also organisieren wir das Lernen in einen Zwei-Wochen-Rhythmus und nennen diese zwei Wochen Studienphase. Jede Studienphase besteht aus mindestens zwei Präsenzterminen, pro Woche ein Termin. Dieser entspricht den früheren Vorlesungsterminen. In der ersten Woche bespricht jede Gruppe die Rückmeldungen zu letzten Studienphase. Hierbei können studentische Coaches / Tutoren oder wir selbst helfen. Zum Beispiel, wenn die Rückmeldung inhaltlich nicht verstanden wurde oder die Gruppe anderer Meinung ist. Eine gut organisierte Gruppe wird versuchen, diese Besprechung vor dem Präsenztermin durchzuführen, aber nicht immer gelingt dies. Wenn die Gruppen in der vorherigen Phase ähnliche Inhalte bearbeiteten, können Ergebnisse im Plenum vorgestellt und besprochen werden. Dies hängt aber auch von Themen, Gruppenanwesenheiten oder -befindlichkeiten ab. Danach sollte sich die Gruppe kurz innehalten und gemeinsam besprechen, was in der vergangenen Studienphase gut gelaufen ist, was verbesserungswürdig wäre und was bemerkenswert war. Diese drei Punkte können erst ab der dritten Woche durchgeführt werden. Inhaltlich gehören diese zur vorherigen Studienphase. Die Studienphase beginnt mit einer Planung der Themen, die in dieser Studienphase bearbeitet werden sollen. Hierbei ist jede Gruppe frei in der Auswahl. Für jedes Fach gibt es eine bestimmte Anzahl an Themen, die im Semester bearbeitet werden sollen. Daher ist die Wahl der Themen nicht ganz frei. Jede Gruppe kann aber selbst entscheiden, in welcher Phase wie viele Themen bearbeitet werden sollen. Unsere Aufgabe ist die Beratung zur Themenauswahl. Dies erfolgt entweder individuell für jede Gruppe oder gemeinsam für alle Gruppen. Je nach Stand der Gruppen kann dies auch bedeuten, dass wir einen kurzen Impulsvortrag halten. Ziel ist es, dass jede Gruppe für sich sinnvolle Themen auswählt. Besitzt zum Beispiel ein Gruppenmitglied Vorkenntnisse zu einem Thema, so kann dieses Thema wahrscheinlich schneller bearbeitet werden. Das Gruppenmitglied unterstützt die Gruppe beim Lernen. Erscheinen die Themen überwiegend schwer, so sollten weniger Themen für die Studienphase ausgewählt werden. Alternativ kann der Kontakt zu anderen Gruppen gewählt werden. Nach der Auswahl beginnt das Bearbeiten der Studienthemen, noch während des Präsenztermins. Hierbei entscheidet jede Gruppe, ob das Thema nur zeitgleich bearbeitet werden kann, oder, ob einzelne Gruppenmitglieder das Thema für sich bearbeiten und die Ergebnisse später den anderen vorstellen. Während der ersten Woche sollten alle Gruppenmitglieder die Themen wie abgesprochen bearbeiten. Sinnvoll ist sicher, sich auch einmal außerhalb der Präsenzzeiten zu treffen. Der Präsenztermin in der zweiten Woche wird genutzt, um den bisherigen Arbeitsstand abzugleichen und offene Fragen zu beantworten. Ziel ist es, in der zweiten Woche die Bearbeitung aller geplanten Studienthemen abzuschließen. Was bedeutet Bearbeitung abschließen? Die Mehrzahl der Gruppenmitglieder muss explizit dokumentieren, dass sie meinen, dass Thema inhaltlich verstanden zu haben. Damit wir den Gruppen Rückmeldung geben können, muss die Bearbeitung spätestens 24 Stunden vor dem Präsenztermin abgeschlossen sein. Bei vielen Gruppen, vielen Themen oder vollem Terminkalender möglicherweise auch 48 Stunden vorher. Mit unseren Rückmeldungen schließt sich der Kreis. Spätestens jetzt sollte einsichtig sein, weshalb Studienphase mindestens zwei Wochen dauern müssen. Wer sich mit agilen Vorgehensmodellen etwas auskennt, wird die Ähnlichkeit zu einem Sprint bei Scrum, inkl. Retrospektive sicher erkennen. Zusammengefasst: Lernen braucht Rhythmus und zügige Rückmeldung. Eine Studienphase ist der von uns vorgegebene Lernrhythmus und dauert zwei Wochen. Zu Beginn plant die Gruppe eigenverantwortlich die Studienthemen, die sie in der kommenden Phase bearbeiten möchte. Wir unterstützen diese Planung durch Beratung und ggf. Impulsvorträge. Jede Gruppe entscheidet, in welcher Organisationsform sie die Themen bearbeiten möchte. In der zweiten Woche ist Zeit für Rückfragen und zum Abgleich. 1-2 Tage vor Ende der Studienphase müssen bearbeitete Themen uns vorliegen, damit wir Rückmeldung geben können. Die Rückmeldung wird besprochen und fließt in die nächste Studienphase ein.