Kennenlerntreffen "Agiles Lehren und Lernen"
Eine innovative Idee wie Agiles Studieren entwickelt sich fast immer in einem Kontext mit anderen Ideen. In diesem Sinne fuhr ich am 6. Juli 2017 in froher Stimmung zu dem ersten Kennenlerntreffen an die Stuttgarter Hochschule der Medien. Dort traf ich auf Menschen aus Schule, Verwaltung, Industrie und Hochschule, die sich ebenfalls mit diesem Themenfeld auseinandersetzen.
Der Vormittag war eher Erfahrungen aus dem schulischen und berufschulischen Kontext gewidmet. Hier wurden mir die Stärken des eduScrum-Ansatzes besonders bewusst. Den Bericht von Alisa Stolze zum Einsatz von eduScrum in der Ausbildung zum Maurer fand ich aus der Perspektive der Teambildung interessant. Nicht der (agile) Prozess steht im Vordergrund, sondern das Ergebnis. In diesem Fall das Lernen von handwerklichen Fähigkeiten, mitsamt Zusammenarbeit.
Ich habe mir viele Notizen gemacht:
- LUUISE dient u.a. der Visualisierung von Lernfortschritten
- Klären der Arbeitsschritte (beim Lernen) hilft
- eduScrum mischt Schüler nach Fähigkeiten, 4-5 Schüler pro Team
- Definition of Done: fertig und gelernt
- Statt Scrum Master eine Art „Teamkapitän“
- Den Team zeigen, wie weit die anderen Team sind
- Bei Aufgaben Relevanz darstellen. Mehr „warum“ als „was“
- …
Während der Mittagspause wurde mir ein wesentlicher Unterschied zwischen Schule / eduScrum und Hochschule / Agiles Studieren klar: die Beziehung zwischen Schüler und Lehrer gegenüber der von Student und Professor. Im Idealfall kennen sich Schüler und Lehrer schon vorher. Bei Studenten / Professoren ist das eher weniger der Fall. Etwas grob gesprochen können Schüler dem Unterricht nicht dauernd fernbleiben. An der Hochschule ist die Teilnahme meist freiwillig. An Hochschulen gibt es eher keinen Klassenverband. Studenten unterschiedlicher (Semester-) Jahrgänge nehmen gemeinsam an einer Veranstaltung teil. Diese Unterschiede sind gewollt und haben gute Gründe. Aus Schülern werden Studenten, die selbstständig arbeiten und die Konsequenzen ihres (Nicht-) Handelns abschätzen und tragen.
Der Nachmittag begann mit einer kleinen Einführung meinerseits in das Agile Studieren. Die anschließende Diskussion, die über alle Bereiche ging, machte mir einiges bewusst, gab mir Erkenntnisse und neue Fragen. Das wiederholte Feedback an die Studenten verhindert ein vorzeitiges Scheitern. In einer normalen Veranstaltung (z.B. Vorlesung) mit Klausur am Semesterende, hat jeder Student nur einen Versuch, der ggf. mit „mangelhaft“ benotet wird. Beim Agilen Studieren führt eine ungenügende Bearbeitung nur zu einem Feedback, von dem gelernt werden kann. Sofern genügend Zeit im Semester bleibt, kann der nächste Versuch gestartet werden. Bis man es verstanden hat. Und man den Inhalt in einer Prüfung (Klausur) formulieren kann.
Aber auch sonst gab die Diskussion einiges für mein Notizbuch:
- Gruppenbildung: Coach hilft über die Stormingphase. Wie an Hochschulen?
- Agil wg. „Industrie 4.0“, also auch die berufliche Weiterbildung agil?
- Lernprozesse finden entfernt vom stabilen Zustand statt
- Kleine Fehler einbauen, die nicht beim „Kunden“ auffallen
- Sozialisation an Hochschulgewohnheiten durchs Agile Studieren?
- Lehrerunabhängiges Lernen ?!
- …
Insgesamt war es ein sehr lernreicher Tag, den wir zu Beginn des nächsten Jahres wiederholen wollen. So weit der Plan.