Retrospektive Wintersemester 2018/9
Vor knapp 5 Jahren dokumentierte ich zum ersten Mal die Erfahrungen im Fach „Projektmanagement“ mit dem Agilen Studieren. Gerade eben habe ich die Noten zur letzten Klausur veröffentlicht. Zeit, um meine Gedanken zu ordnen.
Die Ergebnisse der Klausur waren nicht besonders gut. Nein, sie blieben weit unter den Ergebnissen der früheren Jahre. Konkret:
- 26 Studenten haben sich für das Agile Studieren angemeldet,
- 22 Studenten wollten an der Klausur teilnehmen,
- 20 Studenten haben an der Klausur teilgenommen,
- 6 Studenten haben die Klausur bestanden.
Das entspricht einer Bestehensquote von 30%. In einem Parallelfach (gleiches Semester) bestanden dagegen 68% die Prüfung. Was könnte die Ursache sein?
Schon während des Semesters beklagten einige Studenten die Art der Gruppeneinteilung: seit einem Jahr teile ich nach dem Zufallsprinzip ein. Dadurch würden sie mit Kommilitonen zusammenarbeiten müssen, die eine andere Lernstrategie haben. Vor einem Jahr bestand das Problem, dass sich die Gruppen selbst finden durften, auch in anderen Lehrveranstaltungen, und dadurch fokussierten sich die Gruppen teilweise auf diese und „vergaßen“ das Agile Studieren. Dies belegten eine Bestehensquote von ca. 50% (die vor mehreren Jahren eher bei 80%) lag. Interessanterweise gab es im oben angesprochenen Parallelfach ebenfalls eine Gruppeneinteilung nach dem Zufallsprinzip.
Ist also die niedrige Bestehensquote nur ein Zufallsprodukt?
Das lässt sich natürlich nicht ausschließen, gerade bei einer so geringen Anzahl an teilnehmenden Studenten.
Dass es Probleme in den Gruppen gibt, war für uns alle schon recht früh sichtbar: viele Studenten hatten sich zwar für das Agile Studieren angemeldet, arbeiteten aber nur sporadisch in den Gruppen mit. Dafür gibt es in der Software sogar eine eigene Statistik. Daraufhin habe ich diese Studenten einbestellt und mit ihnen darüber gesprochen. Jede/r versprach Besserung, ohne später das Versprechen zu halten. Später bot ich den tatsächlich mitarbeitenden Studenten an, neue Gruppen mit ihnen zu bilden. Das lehnten alle ab, alle.
Das Diagramm der erfolgreich bearbeiteten Themen spricht Bände:
Keine der 5 Gruppen hat jemals das Soll erreicht, maximal 66% der Themen wurden von einer Gruppe erfolgreich bearbeitet, minimal 35%. Im letzten Monat wurde von keiner Gruppe etwas so bearbeitet, dass ich Rückmeldung geben konnte, bei 4 Gruppen tat sich seit Anfang Dezember recht wenig. Auf meine Rückfragen zu den Präsenzterminen erntete ich Schulterzucken. Sprich, die Anwesenden wussten es auch nicht. „Hat sich so ergeben“, war eine Antwort.
Apropos Präsenztermine. Die wurden auch eher sporadisch genutzt. Waren bis Mitte Oktober noch jeweils knapp 20 Studenten anwesend, sank die Zahl danach auf 5-10 Studenten pro Präsenztermin.
Fazit
Das Ergebnis der letzten Klausur kann niemanden überraschen.
Eine wichtige Erfahrung ist aber auch, dass Agiles Studieren genügend Daten vorab liefert, um potentielle Probleme rechtzeitig zu erkennen.
In diesem Semester scheiterte es aber an der Umsetzung erkannter Probleme. Das betrifft die Studenten, aber auch mich.
Für das kommende Semester erstelle ich eine kleine Software, um die Gruppeneinteilung leichter auf Basis von Präferenzen der Studenten durchzuführen. Ebenso ist die Einteilung über einen kleinen Persönlichkeitstest angedacht.
Sollte es wieder eine größere Anzahl an Studenten geben, die fast nicht mitarbeiten, so werde ich wohl die Gruppen neu einteilen. Natürlich frage ich die Studenten des kommenden Semesters vorher, aber diese müssen dann gut Gründe liefern, weshalb ich das im Fall des Falles nicht tun sollte. Einmal Begründung andersherum.
Was die 70% der Studenten für sich ändern wollen? Vielleicht reicht einigen dieser Post. Nach meiner Meinung sollte man nicht zu lange auf nicht-funktionierenden Prozesse beharren. Aber das muss jeder Student für sich selbst entscheiden.